Buchempfehlung: „Arbeit – warum sie uns glücklich oder krank macht“ (Joachim Bauer)

Berufliche Arbeit hat eine wichtige Funktion für das psychische Wohlbefinden – nicht nur durch kreative Betätigung und Erfolgserlebnisse, sondern vor allem auch durch Anerkennung und Wertschätzung. Und zwar nicht nur durch die Führungskraft: Auch gegenseitige kollegiale Unterstützung ist ein wichtigster Schutzfaktor für Gesundheit am Arbeitsplatz und gegen Burn-out. Dies ist laut Joachim Bauer wissenschaftlich erwiesen.

Arbeit und SINN

Wenn die Beschäftigten den SINN ihrer Tätigkeit nicht mehr erkennen können, entsteht ein Gefühl von Entfremdung und Sinnlosigkeit. Und das macht ebenso krank wie fehlende Wertschätzung, schlechtes Arbeitsklima oder gar Mobbing. Von unserem Gehirn werden soziale Benachteiligung und Demütigung nämlich wie körperlicher Schmerz empfunden. Diese neurobiologische Erkenntnis macht deutlich, dass die Beziehungsgestaltung und das angstfreie Arbeitsklima eine immense Bedeutung für effektives und gesundes Arbeiten haben.

Arbeit und Stress

Stress hingegen ist nicht grundsätzlich schlecht. Im Gegenteil: Die durch eine sinnvolle Aufgabe erzeugte Stressreaktion kann die eigenen Leistungsreserven aktivieren. Und die Bewältigung dieser Aufgabe aktiviert wiederum das Belohnungssystem des Gehirns. Es ist der nicht (mehr) beherrschbare Stress, der krankmacht. Durch eine Überlastung, die nicht mehr bewältigt werden kann, aber auch wenn der Sinn der Arbeit nicht erkennbar ist.

Arbeit und Multitasking

Das weithin angepriesene Multitasking sieht Bauer sehr kritisch. Dabei schaltet das Gehirn auf einen Zustand diffuser Wachsamkeit. Dieses “Unruhe-Stresssystem” stammt aus der Urzeit, wo jederzeit mit einer unbekannten Gefahr gerechnet werden musste. Dadurch wird den heutigen Menschen jedoch die Fähigkeit abtrainiert, sich auf eine konkrete Aufgabe länger zu konzentrieren und diese zu lösen. Es werden aber nicht nur Konzentration und Merkfähigkeit ruiniert, sondern offenbar auch psychische Erkrankungen begünstigt.

Arbeit und Führung

In diesem spannend geschriebenen Buch wird (wieder einmal) betont, dass Führungskräfte einen gewaltigen Einfluss auf das Klima am Arbeitsplatz haben. Auch wenn sich die für eine wirksame und gesunde Führung förderliche emotionale Empathie-Fähigkeit nur langsam und langfristig trainieren lässt, kann die rationale Fähigkeit zum Perspektivwechsel auch von wenig empathischen Menschen relativ einfach trainiert werden. Es gibt also keine Ausreden mehr, im Sinne von „so bin ich eben“. Gleichzeitig kann eine Führungskraft die Mitarbeiter durch positive Ausstrahlung und optimistisches Auftreten regelrecht “anstecken” und deren Resonanzsystem positiv aktivieren. Und letztlich beeinflusst die Führungskraft das Arbeitsklima auch ganz wesentlich durch das Fördern von kollegialen Beziehungen der Mitarbeiter untereinander.

SINNsuche am Arbeitsplatz gehört offensichtlich zu den biologischen Grundeigenschaften und Grundbedürfnissen des menschlichen Gehirns. Joachim Bauer hat ein lesenswertes Buch geschrieben, das auch neue Blickwinkel auf Themen wie Multitasking, Stress und Burnout bietet.

(Foto: Fotolia)