Sinn-erfüllt arbeiten und gesund bleiben

Zu den Themen Motivation und Burnout bzw. Gesundheit am Arbeitsplatz gibt es unzählige Studien und Bücher. Ein wichtiger Aspekt wird dabei jedoch meist unterschätzt: Das grundsätzliche Streben des Menschen nach einem Sinn im Leben – auch im Arbeitsleben.

Was lässt Menschen selbst unter höchsten Belastungen gesund bleiben? Als Antwort darauf hat der Neurologe und Psychiater Viktor E. Frankl ein sinn-orientiertes Menschenbild entwickelt, das uns als wertvolles Konzept im Umgang miteinander und mit den täglichen Herausforderungen der Arbeitswelt dienen kann. Dieses Konzept ruht auf drei Säulen:

  1. Der Mensch hat einen freien Willen, ist also kein Getriebener der Umstände, sondern kann sein Leben gestalten. Und wenn er schon nicht die Rahmenbedingungen gestalten kann, so hat er immer noch die Macht über sich selbst und seine innere Einstellung zu den äußeren Bedingungen.
  2. Der Mensch hat einen Willen zum Sinn, ist also nicht von Impulsen getrieben, sondern wird von Sinn-Aufgaben angezogen. Deshalb ist der Spaß in der Arbeit eben nicht Voraussetzung für Engagement und Leistung. Die Möglichkeit, einen sinnvollen Beitrag zu leisten, bewirkt vielmehr als Folge die Freude an der Arbeit. Und eine sinnvolle Herausforderung lässt auch weniger ausbrennen als eine sinnlose Unterforderung.
  3. Das Leben hat unter allen Umständen einen Sinn, auch im Falle des Scheiterns oder unter schwierigen Rahmenbedingungen. Um auch damit umgehen zu können, schlägt Frankl einen Perspektiven-Wechsel vor: Nicht wir sollen nach dem Sinn des Lebens fragen, sondern das Leben stellt uns die Fragen. Damit wende ich mich ab von der Frage „Warum?“, die mich meist nicht weiterbringt, hin zu der Frage: „Wozu fordert mich diese Situation heraus?“

Vom hilflosen Opfer zum SINNvollen Gestalter

Es geht dabei um die Wendung der inneren Einstellung, vom Opfer der Umstände oder Sachzwänge hin zum Regisseur und Gestalter des eigenen Verantwortungsbereiches. Und das gilt sowohl für die Führungskräfte als auch für die einzelnen Mitarbeiter, ungeachtet der Position oder des Aufgabenbereiches. Selbst-Wirksamkeit und Selbst-Verantwortung wirken wie ein Schutzmantel gegen krankmachenden Stress, der aus dem Gefühl der Hilflosigkeit oder gar Sinnlosigkeit kommt. Die positive Auswirkung von Sinn-Erfüllung in der Arbeit, sowohl auf die Motivation als auch auf die Gesundheit ist mittlerweile erwiesen und in Studien belegt.

Die Wege zum Sinn in der Arbeit sind so vielfältig und individuell wie die Menschen. Jeder einzelne Beitrag zum großen Ganzen ist ein sinnvoller, schöpferischer Wert. Das bewusste Wertschätzen von positiven Aspekten der Arbeit ist ebenso Sinn-erfüllend, wie der Aufbau und die Pflege guter Beziehungen. Gerade die immensen Auswirkungen des Arbeitsklimas, also auch des kollegialen Miteinanders, auf die psychische Gesundheit wird meist unterschätzt. Der Dienstgeber ist zwar laut Gesetz verantwortlich für die Betriebliche Gesundheitsförderung, jedoch können alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu einen persönlichen Beitrag leisten.

„Wozu?“ statt „Warum?“

Und selbst wenn es frustrierend und schwierig wird am Arbeitsplatz, kann über die innere Haltung und Einstellung zu den äußeren Umständen, Sinn verwirklicht werden. Hier wird der Mensch am stärksten gefordert, über sich selbst hinaus zu wachsen. Da heißt es dann, einen Schritt herauszutreten aus der aktuellen Situation und sich zu fragen: „Wozu fordert mich diese Situation heraus? Wie gehe ich jetzt sinnvoll und verantwortlich mit dieser Herausforderung um?“ Vielleicht auch „Wozu oder für wen will ich diese Schwierigkeiten bewältigen?“ Wie Frankl sagte: Das Leben stellt uns die Fragen und wir sind herausgefordert, zu antworten.

Das Leben ist nämlich keine Geisterbahn, wo hinter jeder Kurve der nächste Schrecken wartet, sondern eher ein hyperaktiver Drehbuchautor, der uns täglich ein paar neue Versionen vorlegt. Unsere Aufgabe als Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller unseres Lebens-Films ist es, zu entscheiden, welche Szene als nächstes verwirklicht werden soll. Genau dieses bewusste, selbstverantwortliche Entscheiden leistet einen wesentlichen Beitrag zur persönlichen Gesundheitsförderung.

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