Die einzige Krise, die man auch ohne fremde Hilfe zustande bringt, ist die Sinnkrise. Und der bequemste Weg dorthin: sich gar nicht mit Sinnfragen zu belasten, in den Tag hineinzuleben und ganz entspannt auf einen Sinnstifter zu warten. Ebenso wirksam ist das verwechseln von Sinn und Zweck. Eine am Zweck (engl. purpose) ausgerichtete Organisation garantiert den Mitarbeitenden keineswegs, dass sie den jeweiligen Sinn (engl. meaning) ihrer Arbeit erkennen und erfüllen können.
Auf die Haltung kommt es an
Für fortgeschrittene Sinnkrisen-Sucher gibt es die krisenträchtigen Haltungen nach Viktor E. Frankl:
- andauerndes Vermeiden: „Wird schon von selbst wieder weggehen“
- übertriebenes Erzwingen: „Gib mir den Führungsjob, sonst kündige ich“
- stets das Negative bekämpfen anstatt das Positive anzustreben
- permanente Beschäftigung mit sich selbst anstatt mit dem was getan werden sollte.
Auch eine spitze Wertepyramide kann in die Sinnkrise führen: Zum Beispiel den Job dauerhaft ganz oben positionieren und ihm alle anderen Werte, mit deutlichem Respektabstand, unterordnen. Wenn diese „unwichtigen Dinge“ (die meist gar keine Dinge sind) lange genug vernachlässigt werden, dann ist die Sinnkrise bald nicht mehr weit.
Keine Angst vor Burnout!
Womit kann man sich das Leben noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist? Mit Angst vor den falschen Dingen: Dauergestresste, überarbeitete Menschen haben viele Befürchtungen aber wenig Angst vor Burnout oder Herzinfarkt. Was auch damit zusammenhängt, dass niemand plötzlich über Nacht ausbrennt, sondern eher langsam und kontinuierlich über einen längeren Zeitraum. Und hier ist die „Burnout-Formel“ für Techniker:
Burnout = (äußere Belastungen + innere Antreiber) x Zeit
So wirksam äußere Einflüsse wie Stress, Ressourcenmangel, fehlende Anerkennung, soziale Konflikte, etc. auch sein mögen, für ein intensives und nachhaltiges Burnout braucht es meist noch mehr.
Auf die inneren Stimmen hören
Die fünf inneren Antreiber, wie sie in der Burnout-Forschung genannt werden, sind Glaubenssätze oder innere Haltungen, die uns das Leben schwer und den Weg in die Reha-Klinik leicht machen:
- Sei perfekt!
- Sei schnell!
- Sei stark!
- Streng dich an!
- Mach es allen recht!
Erstaunlicherweise ist auch der letzte Antreiber bei Führungskräften keine Seltenheit. Immer alle zufriedenstellen, nicht nein sagen können, niemanden enttäuschen wollen: Das führt zu mangelnder Delegation, fehlender Abgrenzung („ich bin jederzeit erreichbar“) und letztendlich zum Zusammenbruch. Dann müssen eben doch die Anderen anpacken, weil ich gar nicht mehr erreichbar bin.
Und wo geht´s hier zum Sinn?
Falls Sie es sich doch noch anders überlegen wollen: Gerade im Berufsleben gibt es viele Möglichkeiten, die den Weg zu Sinnkrise und Burnout erschweren. Da wären zum Beispiel sinnerfüllte Aufgaben, deren Bedeutsamkeit und Wirksamkeit klar erkennbar sind. Wenn ich weiß, wozu bzw. für wen ich meinen Job mache, dann sind Belastungen weniger belastend und Selbstmotivation wird zum Selbstläufer. Auch wertschätzende Beziehungen zu Mitarbeitenden und Kollegen sind eine wirksame Krisenprävention. Vor allem dann, wenn die Unterschiede der Mitmenschen als willkommene Bereicherung gesehen werden.
„Wozu“ statt „warum“
Noch einfacher, und trotzdem oft übersehen, ist die dankbare Wertschätzung der positiven Aspekte im Job. Meist ärgern wir uns über den täglichen Frust und nehmen Annehmlichkeiten als selbstverständlich hin. Dabei könnten wir uns viel öfter (gemeinsam) über Gelungenes freuen. Und auch über Nicht-Schiefgegangenes. Die wirksamste Krisenprävention überhaupt ist eine sinnvolle innere Einstellung zu unabänderlichen Bedingungen und Ereignissen. Sobald die Frage „Warum ich?“ ersetzt wird durch „Wozu fordert mich das jetzt heraus?“, steigt man aus der Opferrolle heraus und wird zum Regisseur des eigenen Lebensfilms.
Der Wiener Arzt Viktor E. Frankl hat immer betont: „Das Leben stellt uns die Fragen. Wir sind die Befragten, die diese Fragen be-antworten und somit auch unser Leben ver-antworten sollen.“
Selbstverantwortung führt nämlich zu Selbstwirksamkeit, Selbstmotivation und Selbstvertrauen. Allerdings wird es dann nichts mit Sinnkrise und Burnout.
Zum Nachlesen:
M. Burisch: Dr. Burischs Burnout Kur für alle Fälle, Springer, Berlin Heidelberg, 2015.
H. Pichler: Arbeit Sinn und Motivation, Braumüller, Wien 2018.
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Viel Erfolg,
Harald Pichler
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