Aufbruchsstimmung in Österreich: erstmalig in unserem Land und in Europa wurde eine Regierungskoalition aus Rechtskonservativen und Grünen angelobt. Und das auch noch zu Beginn eines neuen Jahrzehnts. Die Symbolwirkung ist nicht zu übersehen, trotz widersprüchlichem und herausforderndem Regierungsprogramm.
Aufbruch bedeutet immer auch, etwas aufzubrechen, Vergangenes zurückzulassen und sich auf den Weg zu machen. Darum ist der Jahreswechsel für die meisten Menschen eine Zeit des Rückblicks und der guten Vorsätze für das kommende Jahr. Einziges Problem: Die meist negative Formulierung der geplanten Änderungen. Nicht mehr rauchen, weniger essen, sich nicht überarbeiten oder nicht mehr so viel ärgern, weniger mit den Kindern schimpfen, u.s.w.
Das ist leider ein menschliches Handicap: Wir fokussieren uns auf das, was wir nicht wollen, anstatt ein klares, erstrebenswertes Wunschbild zu formulieren. Und das macht den Aufbruch so schwierig. „Weg von etwas“ ist zur Selbst-Motivation weniger geeignet als „hin zu etwas“. Eine sinnvolle Veränderung ist immer auf ein Pro-Motiv ausgerichtet. Warum gehen Menschen auf einen Berg? Nur weil es unten im Tal so finster und ungemütlich ist? Nein, vor allem auch, weil sie den sonnendurchfluteten Berggipfel und die herrliche Aussicht als motivierendes Ziel vor Augen haben.
Mit liebgewonnenen Gewohnheiten zu „brechen“ und sich in unsichere Gewässer vorzuwagen, geht viel leichter mit einem klaren, positiven Ziel vor Augen: Wo will ich hin und wie sieht es dort aus? Was genau ist so anziehend und warum fühlt es sich gut an? Sinnvolle Ziele erkennt man daran, dass sie Sinnvolles bewirken. Also: Was will ich bewirken und für wen? Woran werde ich am Ende dieses neuen Jahres erkennen, dass ich etwas bewirkt habe?
Wirksame Veränderungen brauchen neben einem positiven Sinn-Motiv noch etwas Wichtiges: Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit, ungeachtet der Hindernisse und Herausforderungen, die das Leben für uns bereithält. Anstatt den Sinn immer wieder in Frage zu stellen, sollten wir Antworten geben. So wie Viktor Frankl betonte: „Das Leben stellt uns Fragen, und dann liegt es an uns zu antworten.“ Oder wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Ende seiner Neujahrsansprache sagte:
„Wir kriegen das schon hin!“
In diesem Sinne wünsche ich ein gelungenes Neues Jahr, viele sinnerfüllte Momente und gute Antworten auf die Fragen, die das Leben stellen wird. Prosit 2020!
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